Die Zukunfts-Blockade

Der Klimawandel schreitet voran. Weltweit wächst die Kluft zwischen Arm und Reich. Der Terrorismus wird als Symptom bekämpft, nicht aber in seinen Ursachen. Ausgangspunkt für dieses Buch sind die zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Mit Blick auf zwei Haupt-Referenzthemen, den Klimawandel und die Krisen in der Landwirtschaft, wird darge-stellt, dass es nicht an tragfähigen Konzepten einer nachhaltigen Entwicklung bei Energie, Mobilität und im Bereich der Lebensmittelproduktion mangelt. Es mangelt am Willen zur Umsetzung.

Warum dominiert der Wille zum Nichtwissenwollen und zum Nichthandeln trotz Wissen? Warum wächst die Kluft zwischen dem, was langfristig überlebensnotwendig und dem, was kurzfristig nützlich erscheint? Dieses Buch versucht eine Klärung in transdisziplinärer Per-spektive. Die LeserInnen werden mitgenommen auf eine Erkundungsreise durch unterschied-liche Disziplinen. Welche Erklärungsansätze bieten die Sozialwissenschaften von Ökonomie bis Politologie, welche die Biowissenschaften (Hirn- und Genforschung) sowie die Psycho-logie? Was ist die Rolle der Religionen? Wie funktioniert Kultur? Welche Kulturtypen können wir empirisch unterscheiden und welche bietet die besten Voraussetzungen für die Entwicklung einer Zivilisation der Nachhaltigkeit? Bei der Entfaltung der verschiedenen Erklärungsdimensionen werden keine Denkblockaden nach dem Motto „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“ akzeptiert. Auch hinter die bei uns als selbstverständlich vorausgesetzten westlich zentrierten Denkmuster werden Fragezeichen gesetzt.

Ausgebreitet wird ein komplexes Panorama vielfältiger Faktoren. Bei dem Versuch einer Synthese offenbart sich: es gibt Parallelen in den Grundmechanismen. Etwa zwischen der Arbeitsweise des menschlichen Gehirn und der Funktionsweise von Kulturen. Im Gehirn herrschen durch Gefühle gesteuerte Denkroutinen und Machtverhältnisse, die extrem konser-vativ und vergangenheitsorientiert sind. Menschliches Handeln erfolgt unter partieller Blind-heit, die jedoch leicht zum Bumerang werden kann. Auch in Kulturen herrschen rein vergan-genheitsorientierte Bewertungssysteme. Alle Erfahrungen, die eine Generation prägen, wer-den nach gut/schlecht, erfolgreich/erfolglos usw. bewertet und mit diesen Bewertungen im kulturellen Gedächnis gespeichert. So bilden sich Wahrnehmungsmuster, die nicht selten mehr an der Konservierung von Mythen als an der Bewältigung von Zukunft interessiert sind. Einen Automatismus dahingehend, dass der schockhafte Einbruch einer verdrängten Wirk-lichkeit dazu führt, dass Menschen aufhören, ein „falsches“ Leben zu führen, gibt es nicht. Es gibt als Ergebnis von Krisenerfahrungen lediglich die Chance auf einen in die Zukunft gerichteten Lernprozess. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass der überforderte Mensch seine Denkblockaden nicht überwindet, ja sogar eine Regression im Denken erfolgt.

Zwei Fenster Richtung Zukunft werden geöffnet: Gibt es die Möglichkeit einer Menschheits-verbesserung durch Gentechnik?. Kann Politik Gestaltungskraft wiedergewinnen? Eine Zukunft wird der Mensch nur haben, wenn die Hoffnung auf seine Lernfähigkeit und damit die Hoffnung darauf, dass er die Richtung seines Denkens ändern kann, nicht vergebens ist. Der Beweis dafür steht aus.

Cornelia Heintze

Im Juli 2002